Mission heute - Eine Aufgabe der Kirche?

Ein Interview mit Eberhard Hündling, Vorsitzender des Ausschusses für Gemeindeentwicklung und volksmissionarische Dienste der Evangelisch-reformierten Kirche.

Eberhard Hündling

Bis vor kurzem waren Sie noch Vorsitzender des „Ausschusses für Gemeindeaufbau und Volksmission", der heißt jetzt „Ausschuss für Gemeindeentwicklung und volksmissionarische Dienste". Warum diese Namensänderung?

Der Begriff Gemeindeentwicklung trägt dem Gedanken Rechnung, dass das Leben in Kirchengemeinden nie statisch, sondern auch immer Veränderungen unterworfen ist. Das Wort Gemeindeaufbau bringt diesen Aspekt nicht so zur Geltung. Gemeinde muss auf Veränderungen in der Gesellschaft reagieren. Ein Beispiel dafür ist die Frage des Kindergottesdienstes. Das Freizeitverhalten der Menschen hat sich gerade in Bezug auf die Wochenendgestaltung verändert. Nicht wenige Gemeinden merken das am Besuch des Kindergottesdienstes und probieren andere Modelle aus. Der Begriff „volksmissionarische Dienste" soll zum Ausdruck bringen, dass der Ausschuss Angebote konzeptioneller Art bei Bedarf weitergeben möchte.

Mit welchen Themen beschäftigt sich der Ausschuss?

Die Themenvielfalt ist groß. In letzter Zeit hat der Ausschuss mit dem Buch „Stimmen des Glaubens" eine Arbeitshilfe für den Besuchsdienstkreis herausgegeben. Außerdem wurde eine Predigtsammlung für Lektorinnen und Lektoren sowie ein Infoflyer zum Kircheneintritt erstellt. Des weiteren beschäftigen wir uns mit Glaubenskursen und neuen Konzepten, wie Gemeindearbeit gelingen, Mitarbeitende geschult und Menschen für den Glauben begeistert werden können.

Mit dem Begriff Volksmission verbindet sich nicht selten der Gedanke, den Missionsbefehl aus dem Matthäusevangelium (Kap. 28, 18ff) als Auftrag für jeden zur direkten Mission zu verstehen, wie sie z.B. mit der sog. Zeltmission verfolgt wird. Ist dies heute noch zeitgemäß?

Kirche kann ohne Mission grundsätzlich nicht sein. Mission meint, Menschen die Liebe Gottes in Jesus Christus nahe zu bringen. Diese Liebe hat eine lebensverändernde und eine lebensstärkende Kraft. Die christliche Mission wendet sich an alle Menschen. Dabei gibt es viele verschiedene Formen, durch die Menschen angesprochen werden können. Dazu kann auch die Zeltmission gehören, die heute von der Gestaltung her sich anders darstellt als früher. Von statistischen Erhebungen wissen wir allerdings, dass die meisten Menschen Zugang zum christlichen Glauben und zur Gemeinde durch persönliche Kontakte finden. Insofern ist jeder einzelne gefragt, seinen christlichen Glauben einladend zu leben.

Welchen Einfluss hat unsere säkularisierte Gesellschaft, in der der christliche Glaube nicht mehr wie selbstverständlich von Generation zu Generation weiter gegeben wird, auf die Form der Misssion?

Die Anknüpfungspunkte sind weniger geworden, weil christliche Traditionen wie Tischgebete, Bibel- oder Liederkenntnisse bei vielen Menschen nicht mehr vorausgesetzt werden können.  Wir müssen eine zeitgemäße Sprache und eine ansprechende Form finden, um das Evangelium verständlich zu machen. Wir können nicht erwarten, dass Menschen sich auf eine kirchliche Insidersprache einstellen. Die Bewegung der Gemeinden muss mehr als bisher auf die Menschen zu sein.

Welche Form von missionarischen Aktivitäten wünschen Sie sich?

Das ist nicht so leicht zu beantworten. Es gibt sehr viele verschiedene Arten und Formen missionarisch zu wirken. Ich wünsche mir, dass die Gemeinden noch mehr als es schon geschieht, Fantasie entwickeln, wie sie in ihren jeweiligen Kontexten Außenstehende gewinnen können. Dabei muss man sicher hier und da Neues ausprobieren und nicht selten ungewöhnliche Wege gehen. Reformiert sein heißt für mich in erster Linie, nicht Traditionspflege, sondern Mut, sich von Christus her im persönlichen Leben wie im Leben  der Gemeinde erneuern zu lassen.